Rückkanal ermöglicht Verzicht auf Smartcard – Nagra steuert Sicherheitslösung für Horizon bei
Holger Ippach, Senior Vice President Sales and Operations Northern & Central Europe von Nagra, im Gespräch mit Digitalmagazin
Mit der neuen „Horizon“-Box, die der Kabelnetzbetreiber Unitymedia Kabel BW im Spätsommer auf den Markt bringen will, zeichnet sich ein Wandel beim Inhalteschutz ab. „Die augenscheinliche Besonderheit der eingesetzten Lösung liegt im Vorhandensein eines aktiven Rückkanals in der Set-Top-Box, was den Verzicht auf die Smartcard als Sicherheitskomponente zulässt“, erläutert Holger Ippach, Senior Vice President Sales and Operations Northern & Central Europe von Nagra, das Konzept. Welche Herausforderungen Nagra dabei zu meistern hatte und welche neuen Möglichkeiten sich durch Multiscreen-Lösungen für den Nutzer bieten, erläutert Ippach im Gespräch mit Digitalmagazin.
Digitalmagazin: Mit „Horizon“ befindet sich eine neue Plattform vor dem Start, die ein multimediales Zusammenspiel von TV, Computer, Tablet und Smartphone verspricht. Welches Know-how steuert Nagra hierzu bei? Was hat sich bei der Entwicklung als besonders komplex herausgestellt, welche Herausforderungen hatten Sie zu meistern?
Ippach: Nagra steuert zum „Horizon“-Projekt von Liberty Global eine komplette digitale Content-Sicherheitslösung bei. Diese besteht zum einem aus unserem Nagra MediaAccess ELK Conditional Access System, welches den sicheren Zugang zum Angebot regelt. Die augenscheinliche Besonderheit der eingesetzten Lösung liegt im Vorhandensein eines aktiven Rückkanals in der Set-Top-Box, was den Verzicht auf die Smartcard als Sicherheitskomponente zulässt. Zum anderem liefern wir unser Nagra Persistent Rights Management (PRM) zur gesicherten Weiterverbreitung dieser Inhalte im Heimnetzwerk. Beide Komponenten konnten aufgrund unserer Entwicklungskompetenzen und -kapazitäten punktgenau auf unseren langjährigen Kunden Liberty Global zugeschnitten werden. Hierin wird deutlich, dass Nagra grundsätzlich großen Wert darauf legt, seine Kunden zu individuellen Lösungen mit direktem Bezug zum jeweiligen Geschäftsmodel zu beraten und das entsprechende Produkt in kurzer Zeit zuverlässig zu liefern.
Digitalmagazin: Welche neuen Möglichkeiten eröffnen Multiscreen-Lösungen den Nutzern?
Ippach: Multiscreen bedeutet für lineare Inhalte zunächst einmal Unabhängigkeit von Raum oder der Nutzungssituation. Die größere Auswahl an Bildschirmen, ob portabel oder fest installiert, gewährt mehr Flexibilität und Freiheit. Die Szenarien sind vielfältig: Denken Sie an die Fortsetzung eines angefangenen Spielfilms im Schlafzimmer oder das Verfolgen eines Fußballspiels beim Kochen in der Küche oder Grillen im Garten. Addiert man nun die zeitliche Flexibilität, welche sich durch die neuen interaktiven On-Demand-Angebote besonders auf oder durch Second Screen bzw. Smart Devices ergeben, befinden wir uns an der Schwelle zur kompletten Selbstbestimmung des Nutzers hinsichtlich seiner Medienunterhaltung. Durch unser starkes Entwicklerteam erschließen wir die beinahe täglich neu erscheinenden, smarten Endgeräte, insbesondere Tablets und Smartphones, und runden so die Freiheit für die Nutzer zusätzlich ab – alle Inhalte, jederzeit und ortsunabhängig auf dem Endgerät ihrer Wahl.
Digitalmagazin: Die Mediennutzung ist im Wandel – Zuschauer setzen immer mehr auf einen Mix aus linearen und non-linearen Inhalten. Werden Plattformen wie „Horizon“ diesen Trend forcieren oder sind sie eher eine Reaktion auf eine Entwicklung, die längst eingesetzt hat?
Ippach: Fast schon philosophisch würde ich sagen, beides trifft zu und findet parallel statt. Auf der einen Seite haben Technologie, Breitband-Netzausbau und das Internet mit Portalen wie Youtube eine Breite Masse mit den Vorteilen einer On-Demand-Nutzung von Videoinhalten vertraut gemacht – hierauf ist Horizon eine aus Operator-Sicht sehr gute Antwort, eine welche die Verknüpfung mit der linearen Fernsehwelt herstellt. Auf der anderen Seite stehen wir beim Herstellen dieser Schnittstelle zwischen Broadband und Broadcast noch am Anfang einer rasanten Entwicklung, die selbstverständlich auch auf Inhalte, Plattformen und Zugänge angewiesen ist. Insofern sind Projekte wie Horizon und Technologien von Nagra nicht nur bloße Reaktion, sondern Voraussetzungen.
Digitalmagazin: Wie lässt sich mit solchen Multiscreen-Anwendungen aus Operator-Sicht Geld verdienen?
Ippach: Nun, vorangestellt: Kunden sind die Voraussetzungen für Plattformbetreiber, ihre Geschäftsmodelle umsetzen zu können. Mit der enorm gestiegenen Erwartungshaltung seitens der Nutzer, u. a. die eingangs beschriebenen neuen Möglichkeiten – Multicontent, Multiscreen, Multiroom – muss es für Plattformbetreiber zunächst darum gehen, Kunden zu halten und durch die Umsetzung der neuen technischen Möglichkeiten in komfortabel und einfach zugängliche Angebote dauerhaft an sich zu binden. Mit Hilfe einer Gateway-Architektur und der sternförmigen Zulieferung von Premium-Inhalten an jeden beliebigen Bildschirm eines Haushaltes, immer im korrekten Format und unter Einsatz einer geräteübergreifend harmonischen Bedienoberfläche, kann dies aus unserer Sicht hervorragend gelingen. Gleichzeitig entstehen z. B. durch effizientes Bandbreiten-Management, Reduzierung der dedizierten Operator-Hardware, Zentralisierung der Zugangsverwaltung und Sicherheit sowie durch die Möglichkeit, im Gegensatz zum gesamten Haushalt nun einzelne Nutzer zu adressieren, weitere interessante Ansätze zur Gestaltung des eigenen Angebots. Was die eingesetzten Geschäftsmodelle der Operator betrifft, haben wir international bereits unterschiedlichste erfolgreiche Projekte begleitet. Ob nun Pay-per-View, Freemium, Abonnement oder Mixed Models im jeweiligen Markt funktionieren können, diese Entscheidung tragen unsere Kunden. Eines ist in jedem Fall sicher: Der Schutz des Geschäftsmodells durch Technologie und Know-how von Nagra.
Digitalmagazin: Herr Ippach, vielen Dank für das Gespräch.
Quelle: infosat