Es wäre eine neue Dimension der Datenausbeutung: Die Schufa plant, Nutzer von Facebook und Twitter zu durchleuchten, um ihre Kreditwürdigkeit zu prüfen. Das Unternehmen weist Kritik daran zurück - alles geschehe "im legalen Rahmen".
Hamburg - Es ist ein Plan, der für reichlich Aufsehen sorgen dürfte: Die Schufa will bei Facebook und anderen Internetquellen Daten über Verbraucher sammeln. Das berichten NDR Info und Welt Online. Die Schufa, Deutschlands größte Auskunftei, habe das Hasso-Plattner-Institut der Universität Potsdam (HPI) beauftragt, entsprechende Projektvorschläge zu entwickeln. Ein Sprecher der Schufa bestätigte SPIEGEL ONLINE, dass es ein gemeinsames Forschungsprojekt namens "SCHUFALab@HPI" gibt. Die Kritik von Datenschützern wies er zurück: "Das geschieht alles im juristischen und legalen Rahmen in Deutschland."
In Deutschland gibt es Schätzungen zufolge rund 20 Millionen Facebook-Nutzer. Die Auskunftei hat nach eigenen Angaben Daten von mehr als 66 Millionen Verbrauchern gespeichert. Zentrale Informationsquelle sind bislang Daten, die dem Unternehmen von Vertragspartnern wie Banken, Versicherungen und Händlern übermittelt werden. Der Verbraucher spürt die Bedeutung der Auskunfteien ganz konkret, wenn er einen Kredit beantragen möchte oder einen Handy-Vertrag abschließt. Auch viele Vermieter vergewissern sich mittlerweile der Kreditwürdigkeit eines Interessenten und holen sich Auskunft bei der Schufa oder Konkurrenten wie Creditreform oder Infoscore.
NDR Info zitiert aus vertraulichen Dokumenten, wonach hervorgehe, dass die Schufa Kontakte von Facebook-Mitgliedern untersuchen wolle. Damit wolle die Auskunftei auch die Kreditwürdigkeit der Verbraucher prüfen. Zudem sei die Analyse von Textdaten denkbar, um "ein aktuelles Meinungsbild zu einer Person zu ermitteln".
Schufa verteidigt das Vorhaben
Ebenso könnten die Wissenschaftler untersuchen, wie die Schufa über eigene Facebook-Profile oder Zugänge zum Kurznachrichtendienst Twitter verdeckt an "Adressen und insbesondere Adressänderungen" anderer Nutzer gelangen kann. Auch Personensuchmaschinen wie Yasni, Geodatendienste wie Google Streetview oder Mitarbeiterverzeichnisse von Unternehmen könnten Daten liefern. Angedacht sei auch die "automatisierte Identifikation von Personen öffentlichen Interesses, Verbraucherschützern und Journalisten".
Der Schufa-Sprecher verteidigt das Projekt. "Natürlich stellt sich die Schufa selbst die Frage, welche Konsequenzen die technologischen Entwicklungen des Internets für die eigene wirtschaftliche Existenz haben. Die Schufa ist sich aber auch bewusst, dass diese Frage die gesamte Gesellschaft betrifft." Deshalb solle das HPI Grundlagenforschung betreiben, um "Chancen und Risiken der Informationsquelle Web wissenschaftlich zu hinterfragen". Die Ergebnisse sollen im September veröffentlicht werden.
"Das wäre eine völlig neue Dimension"
Bei Datenschützern stoßen die Pläne auf heftige Kritik und rechtliche Bedenken. "Sollte die Schufa die gewonnenen Daten tatsächlich einsetzen, wäre das eine völlig neue Dimension", sagte der schleswig-holsteinische Landesdatenschutzbeauftragte Thilo Weichert NDR Info. Hinter einem solchen Forschungsprojekt stecke immer eine Absicht. Er zweifle daran, dass eine Umsetzung der Projektideen rechtlich haltbar sei.
Ähnlich äußerte sich Edda Castello von der Verbraucherzentrale Hamburg. Wenn die privaten und persönlichen Datensammlungen zusammengeführt und ausgenutzt würden, wäre das hochgefährlich, sagte Castello. Sie sprach von einer "Grenzüberschreitung".
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